Gehard Rohne
Gerhard Rohne

Flug gegen Fallsucht

Seit wann wird Fliegen zum architektonischen Fall?
Seit Zaha den Computer steuert?
Seit Hermann Finsterlin organisch modellierte?
Seit Beauvais und Strassburg zum Himmel stiegen?
Seit Babylons Gärten hängen und sein Turm die Wolken durchdrang?

Von allen Weltwundern sind - bisher - nur die Pyramiden nicht gefallen.
Phantastische Architektur fällt meist schon in der Planungskommission.
Ernstfall von Architektur bleibt die Schwerkraft.
Warum fliegen Planung und Vision immer wieder los?

Das Barock fand Lösungen in der Bühnen-Architektur und in Kerker-Phantasien.
Stürzen, Fliegen, Öffnen, Schließen, Drohen, Hoffen, Fürchten, Leiden, Freuen.
Fall-Drohung und Fall-Lösung wird zentral in tektonischer Affektenlehre.
Gefrorener musikalischer Affekt ...

Die Angst vorm Fliegen, die Furcht des Fallens wird im affektiven Spiel des Planers mit und gegen den Betrachter ins Spiel gebracht. Ambivalenz von Schwere und Flug, Bedrohung und Erleichterung, Ruine und Auferstehung spielt der phantasierende Architekt aus. Er baut auf konspiratives Einverständnis mit dem Betrachter. Furcht und Hoffnung entwickeln aus tektonischen Objekten eine Formensprache. Er belastet die papiernen Ober-Flächen mit Masse bis zum Gehtnichtmehr. Überbietung und Staunen arbeiten zusammen. Hier bleibt Kathmandu stehen... Wir im Schleudersitz vor dem Rechner und dem Zeichenpapier können Vertigo und Katastrophenangst besiegen. Die schweren Sachen fallen - der Architekt baut wieder neu.

Gerhard Rohne

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